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AutorenbildRasmus Chodura

Körperpsychotherapie - was ist das? Und was hat das mit Breathwork zu tun?

In diesem Artikel wollen wir dir einen Überblick darüber geben, was Körperpsychotherapie eigentlich ist und inwiefern Breathwork hierzu gezählt werden kann.


Auch wenn wir in unseren unseren Breathwork-Workshops in Berlin und Leipzig kein therapeutisches Angebot machen, lässt sich Breathwork an sich in das Feld der Körperpsychotherapie einordnen und auch als eine körperpsychotherapeutische Methode bezeichnet werden, wenn es in einem therapeutischen Rahmen angewendet wird. Therapeutisch ist ein Kontext dann, wenn zum einen eine Diagnose behandelt wird sowie der/die Therapeut*in eine offizielle Heilerlaubnis hat (Approbation oder Heilpraktiker*in-Titel).


Definition

„Die Körperpsychotherapie an sich gibt es gar nicht“ (Marlock, Weiss 2007, S. 5). Mit dieser provokativen Aussage wollen Marlock und Weiss drauf aufmerksam machen, dass es in Theorie und Praxis kein homogenes Feld gibt. Vielmehr ist die Situation geprägt, durch das parallele Existieren von verschiedenen Positionen und Grundannahmen, die teilweise nur schwer mit einander zu vereinen sind. Das heißt, in der Theorie wie auch der Praxis liegen die unterschiedlichen Ansätze teilweise weit auseinander (vgl. Marlock, Weiss 2007, S. 5).

Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass mit der Fokussierung auf Bewegung, Handlung, Ausdruck und Experiment die Körperpsychotherapie zu den Verfahren gehört, welche die aktiven Aspekte therapeutischer Selbsterfahrung und Veränderung wieder eine grundlegende Bedeutung zugesprochen haben (vgl. Marlock, Weiss 2007, S. 2). Und so kann als gemeinsamer Nenner für die Körperpsychotherapie das Verständnis gesehen werden, dass zu der psychischen Dimension des menschlichen Erlebens, die körperliche Erfahrung gleichwertig ist. Das menschliche Selbst entwickelt sich aus dem Körperbewusstsein heraus und somit ist die Erfahrung und das Erleben der Welt körperlich vermittelt. So beeinflussen prägende Erfahrungen in diesem Verständnis nicht ausschließlich die psychische Struktur, sondern wirken sich auch auf die körperliche Verarbeitungsweise aus. Hiermit grenzt sie sich zu anderen Hauptströmungen der Psychotherapie ab.


Marlock und Weiss formulieren die folgenden Punkte, welche aus ihrer Sicht die gemeinsamen Grundnahmen im Feld der Körperpsychotherapie beschreiben:

  • „Es ist notwendig, die psychische Dimension des Erlebens sowie der Entwicklung einerseits und die somatische Dimension andererseits als zusammengehörig zu betrachten.

  • Das begriffliche Differenzierungs- und Diskriminierungsvermögen des Menschen täuscht Dualitäten und Getrenntheiten vor, deren Dimensionen eben real immer zusammengehören und als Teile einer Ganzheit auftreten.

  • Prägende Erfahrungen hinterlassen in diesem Sinne sowohl auf der psychischen als auch auf der körperlichen Ebene überdauernde Strukturen.

  • Die psychische Ebene kann durch die körperliche Ebene berührt werden, und umgekehrt.

  • Es besteht eine grundsätzliche Tendenz, auf die Selbstregulations- und Entfaltungspotenziale der ‚menschlichen Natur‘ - ein schwieriger, weil zu oft ideologisch missbrauchter Begriff - zu vertrauen“ (Marlock, Weiss 2007, S. 8).


Geschichte

Der Ursprung der Körperpsychotherapie liegt in der Synthese zweier Bewegungen, die sich zunächst in entgegengesetzte Richtungen bewegten.


Reformbewegung in Gymnastik und Tanz

Die eine Strömung kam aus der Praxis und bewegte sich von dauerhaften, überlegten und reflektierten Körperübungen hin zu der Entwicklung neuer Theorien. Die Wurzeln dieser Bewegung stammen aus dem 19. Jahrhundert. Da diese Ansätze zumeist in privaten Instituten entwickelt wurden, die in keiner Verbindung mit der akademischen und klinischen Welt standen und auch durch die Entwickler*innen wenig publiziert wurde, sind sie nicht so bekannt. In dieses Feld lassen sich unter anderem Eutonie, Sensory Awareness, Feldenkrais, Rolfing, Authentic Movement, Middendorf-Atemarbeit und andere einordnen. Diese lassen sich in ihrem Wesen und ihrer Wirkweise nicht so leicht fassen. Auch wenn sie psychologische Implikationen haben, werden sie nicht innerhalb eines psychologischen Bezugsrahmens vermittelt. Gleichzeitig lassen sie sich als nicht rein physisch, so wie die Physiotherapie, verstehen. Somit lässt sich ihre Bedeutung nur schwer in den vorherrschenden intellektuellen Kategorien verorten (vgl. Johnson 2007, S. 91). In diesem Kontext stand vor allem die Schule Elsa Gindlers (1885-1961), die aus dem vielfältigen Feld der Gymnastikreform hervorging, am stärksten mit der Entstehung der Körperpsychotherapie in Verbindung. Sie vertrat einen leibpädagogischen Ansatz, der keinen psychotherapeutischen Anspruch hegte. Gindler wollte es Menschen ermöglichen, durch Erfahrungen ihres Körpers selbstständig Übungen zu finden, die sie dabei unterstützen, Veränderungen aus dem Körper heraus entstehen zu lassen mit dem Ziel, dass der Körper die ihm zugedachten Funktionen wahrnehmen kann. Durch ihre Arbeit hatte sie einen starken Einfluss auf die Entwicklung von körperpsychotherapeutischen Ansätzen, die auf die Erfahrung des eigenen Körpers ausgerichtet sind. So gaben Bewegungslehrer*innen, welche bei ihr lernten, ihr Wissen wiederum an verschiedene Psychotherapeuten*innen weiter, wie z.B. Erich Fromm (vgl. Geuter 2007, S. 18).


Breathwork Workshops Berlin Leipzig

Die Psychoanalyse und Wilhelm Reich

Daneben gab es die Entwicklung aus dem Kontext der tiefenpsychologischen Therapien. Hier war die Bewegung eher von der Theorie in die Praxis. Diese wurde maßgeblich getragen von Wilhelm Reich, aber auch durch die früheren Arbeiten Freuds inspiriert, praktische Atem- und Berührungsübungen in die psychoanalytische Theorie zu integrieren. Auch wenn Freud im Verlauf seiner Tätigkeit die therapeutische Kommunikation auf das Hören begrenzte, so setze auch er zu Beginn seiner Arbeit den Körper aktiv mit ein. Er massierte Patient*innen oder legte ihnen die Hand auf die Stirn, damit Assoziationen angeregt wurden. Sándor Ferenczi, ein Schüler Freuds, setzte seit den 1920er Jahren experimentell eine Technik ein, bei welcher Mimik und Gestik als Sprache des Unterbewussten genutzt wurde. Auch bot er Patient*innen körperliche Berührung während eines therapeutischen Prozesses an. So setze er sich schon zu der Zeit gemeinsam mit Otto Rank für ein Verstehen der heilsamen Wirkung einer Aktivierung des Erlebens ein, im Gegensatz zu dem von Freud favorisierten "Durcharbeiten" (Geuter 2007). Allerdings widerrief Ferenczi seine erlebnis- und beziehungsorientierte Position im Diskurs, aufgrund des Drucks innerhalb der Freud’schen Psychoanalytischen Gemeinschaft, so dass seine Ideen erst lange nach seinem Tod wiederentdeckt wurden (Geuter 2007, S. 17).


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Die wichtigsten Impulse für die Entstehung der Körperpsychotherapie kamen von Freuds Schüler Wilhelm Reich, der die Methode der Vegetotherapie entwickelte. Als erster Psychoanalytiker lenkte er sein Interesse auf die Borderline-Störung, durch ihn "triebhafter Charakter" genannt. Auf der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für Patient*innen, welche aufgrund einer instabilen Ich-Struktur nicht fähig waren verbal- assoziativ zu arbeiten, ging er von der Trieb-Abwehr-Konfiguration aus und schrieb der

Charakterabwehr eine zentrale Rolle zu. Reich fokussierte sich auf die Analyse der Widerstände im Gegensatz zur Psychoanalyse, die üblicherweise der Deutung unbewusster Konflikte den Vorrang gab. Nach Reichs Beobachtungen bildeten chronifizierte Abwehrvorgänge die Grundlage für charakterliche Haltungen aus, die wiederum oft mit bestimmten Körperhaltungen verbunden waren. Er ging davon aus, dass seelische Prozesse der Verdrängung zu körperlichen Prozessen der muskulären Unterbindung von Handlungs- und Triebimpulsen führten, die wiederum Muskelanspannung zur Folge hatten. Im Falle einer chronifizierten Abwehr führt das dann zu chronischen Verspannungen. Aufgrund dieses Verständnisses legte für ihn die Arbeit an der körperlichen Abwehr, also den verspannten Muskeln, zurückgehaltener Atmung, etc., die Basis für die therapeutische Behandlung. Die Patient*innen sollten über ihren Körper den Weg in ihr Unbewusstes finden, indem sie die körperliche Abwehr lockerten und damit den Affekt und die ihm zugrunde liegenden Erinnerung wieder ins Bewusstsein holten (vgl. Geuter 2007, S. 18).


Die Vorteile und positiven Aspekte der Körperpsychotherapie


Körperpsychotherapie, auch als somatische Psychotherapie bekannt, ist eine ganzheitliche therapeutische Methode, die den Körper als integralen Bestandteil des psychischen Heilungsprozesses betrachtet. Im Gegensatz zu traditionellen Psychotherapien, die sich primär auf das Gespräch und kognitive Prozesse konzentrieren, nutzt die Körperpsychotherapie körperliche Empfindungen, Bewegungen und Haltungen, um emotionale und psychische Heilung zu fördern. Hier sind einige der wichtigsten Vorteile und positiven Aspekte dieser Therapieform:


1. Ganzheitlicher Ansatz

Körperpsychotherapie betrachtet den Menschen in seiner Gesamtheit und integriert körperliche, emotionale und mentale Aspekte. Dieser ganzheitliche Ansatz ermöglicht es, tiefere Ebenen des Bewusstseins und unbewusste Prozesse zu erreichen, die oft in rein kognitiven Therapien unerreichbar bleiben.


2. Lösung von tief verwurzelten Traumata

Viele traumatische Erfahrungen sind im Körper gespeichert und äußern sich durch körperliche Spannungen, Schmerzen oder psychosomatische Beschwerden. Körperpsychotherapie bietet Techniken, um diese im Körper verankerten Traumata zu identifizieren und aufzulösen. Dies kann zu einer signifikanten Reduktion von Symptomen wie chronischen Schmerzen, Angstzuständen und Depressionen führen (Levine, 2017, S. 406).


3. Förderung der Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit

Durch die Fokussierung auf körperliche Empfindungen und Bewegungen lernen Klienten, ein höheres Maß an Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit zu entwickeln. Dies hilft ihnen, besser mit Stress umzugehen und ihre emotionalen Zustände effektiver zu regulieren (Levine, 2017, S. 158).


4. Verbesserung der emotionalen Regulierung

Die Arbeit mit dem Körper kann direkt Einfluss auf das Nervensystem und die emotionale Regulation haben. Durch Techniken wie Atemarbeit, sanfte Bewegungen und bewusste Körperhaltungen können Klienten lernen, ihre emotionalen Reaktionen besser zu kontrollieren und ein Gefühl der inneren Stabilität zu entwickeln (Geuter, 2015, S. 158-163).


5. Stärkung der Körper-Geist-Verbindung

Körperpsychotherapie stärkt die Verbindung zwischen Körper und Geist, was zu einem besseren Verständnis der eigenen emotionalen und physischen Zustände führt. Diese verstärkte Verbindung kann helfen, negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern, was zu einem allgemein verbesserten Wohlbefinden führt (Geuter, 2015, S. 158).


6. Erleichterung der Ausdrucks von Emotionen

Viele Menschen finden es schwierig, ihre Emotionen verbal auszudrücken. Körperpsychotherapie bietet alternative Wege, um Emotionen durch körperliche Bewegungen und nonverbale Ausdrucksformen zu kommunizieren. Dies kann besonders hilfreich sein für Klienten, die in traditionellen Gesprächstherapien Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle zu artikulieren (Heller & LaPierre, 2012, S. 45).


7. Förderung der Heilung auf tiefen Ebenen

Indem Körperpsychotherapie auf einer körperlichen Ebene arbeitet, kann sie tiefere Schichten des Bewusstseins und des emotionalen Erlebens erreichen. Dies ermöglicht eine umfassendere und nachhaltigere Heilung, da nicht nur die Symptome, sondern auch die zugrunde liegenden Ursachen emotionaler und psychischer Probleme behandelt werden (Heller & LaPierre, 2012, S. 67).


Insgesamt bietet die Körperpsychotherapie eine effektive und ganzheitliche Methode, um tief verwurzelte emotionale und psychische Probleme zu behandeln. Durch die Integration von Körper und Geist fördert sie ein umfassendes Verständnis des eigenen Selbst und unterstützt die Klienten dabei, ein gesünderes und ausgeglicheneres Leben zu führen.


Breathwork und Körperpsychotherapie

Breathwork, oder Atemarbeit, bezeichnet eine Reihe von Atemtechniken, die darauf abzielen, das körperliche, emotionale und geistige Wohlbefinden zu fördern. Im Rahmen der Körperpsychotherapie spielt Breathwork eine bedeutende Rolle, da es direkt auf die körperlichen Prozesse einwirkt und so eine Brücke zwischen Körper und Geist schlägt. Dieser Artikel untersucht die wissenschaftlichen Grundlagen von Breathwork als Form der Körperpsychotherapie und beleuchtet die Wirksamkeit und Anwendung dieser Methode, insbesondere verbundenes Atmen wie holotropes Atmen und Rebirthing.


Breathwork: Definition und Techniken

Breathwork umfasst verschiedene Techniken wie holotropes Atmen, Rebirthing und Pranayama. Diese Methoden basieren auf der Kontrolle und Modulation des Atems, um veränderte Bewusstseinszustände zu erreichen und tiefliegende emotionale und körperliche Spannungen zu lösen (Davis, 2019, S. 112).


Holotropes Atmen

Holotropes Atmen wurde von Stanislav Grof und Christina Grof entwickelt und nutzt beschleunigtes Atmen kombiniert mit Musik und Körperarbeit, um tiefe psychologische Prozesse zu aktivieren. Diese Technik zielt darauf ab, einen erweiterten Bewusstseinszustand zu erzeugen, der es ermöglicht, unverarbeitete Traumata und unterdrückte Emotionen zu integrieren (Grof, 1988, S. 68).


Rebirthing

Rebirthing, von Leonard Orr in den 1970er Jahren entwickelt, fokussiert sich auf das Konzept des „verbundenen Atmens“, bei dem Ein- und Ausatmen ohne Pause verbunden werden. Diese Technik soll emotionale und körperliche Blockaden lösen und oft als eine Wiedererfahrung und Integration der Geburtstraumata beschrieben (Orr, 1983, S. 25).


Kulturelle Aneignung in Bezug auf Breathwork

Ein wichtiges und oft diskutiertes Thema im Zusammenhang mit Breathwork ist die kulturelle Aneignung. Viele Techniken, die im Westen unter dem Begriff Breathwork populär geworden sind, haben ihre Wurzeln in traditionellen Praktiken indigener Kulturen und östlicher Philosophien, wie zum Beispiel Pranayama aus dem Yoga. Diese Techniken wurden oft ohne angemessene Anerkennung oder Verständnis der kulturellen und spirituellen Kontexte übernommen und kommerzialisiert (Trawali, 2021, S. 159).


Die kulturelle Aneignung in der Praxis des Breathwork ist problematisch, wenn die ursprünglichen kulturellen Bedeutungen und Praktiken entstellt oder trivialisiert werden und ohne die Erlaubnis damit Geld gemacht wird. Es ist wichtig, dass Praktizierende und Therapeut*innen sich der Herkunft und des kulturellen Hintergrunds der Techniken bewusst sind und respektvoll mit diesem Wissen umgehen. Eine angemessene Anerkennung und Wertschätzung der kulturellen Wurzeln sowie eine verantwortungsvolle Praxis sind essentiell, um kulturelle Aneignung zu vermeiden (Wong, 2020, S. 83).


Wissenschaftliche Evidenz für Breathwork

Die wissenschaftliche Forschung zu Breathwork als Therapieform zeigt vielversprechende Ergebnisse. Studien weisen darauf hin, dass Breathwork signifikante positive Effekte auf Stress, Angst und Depression hat (Brown & Gerbarg, 2005, S. 187). Eine Metaanalyse von Zemp et al. (2016) fand heraus, dass Atemtechniken die Herzfrequenzvariabilität verbessern und somit die autonome Regulation des Körpers unterstützen können (S. 314).


Holotropes Atmen und Rebirthing haben in kontrollierten Studien gezeigt, dass sie emotionale Blockaden lösen und das psychische Wohlbefinden verbessern können. Teilnehmer*innen berichten häufig von einer tiefgreifenden emotionalen Reinigung und einer verbesserten Selbstwahrnehmung nach Sitzungen mit holotropem Atmen (Brewerton, 2011, S. 453).


Anwendung in der Körperpsychotherapie

In der Körperpsychotherapie wird Breathwork verwendet, um den Zugang zu tiefen emotionalen Schichten zu erleichtern und körperliche Spannungen abzubauen. Therapeutinnen nutzen Atemtechniken wie holotropes Atmen und Rebirthing, um Klientinnen zu helfen, in einen Zustand der inneren Ruhe zu gelangen und so eine tiefergehende Verarbeitung von Traumata und emotionalen Blockaden zu ermöglichen (Levine, 2010, S. 203). Der Körper wird dabei als Speicher von Erfahrungen gesehen, die durch gezielte Atemarbeit an die Oberfläche gebracht und integriert werden können (Röhricht, 2009, S. 56).


Risiken und Gefahren von Körperpsychotherapie

Körperpsychotherapie und Breathwork bringen wie gezeigt ein großes Potential mit sich. Allerdings gibt es auch Risiken und Gefahren, die klar benannt werden müssen. Die Risiken, welche in Verbindung mit der Körperpsychotherapie und damit auch mit Breathwork auftreten, können in vier Bereiche unterteilt werden: Retraumatisierung, missbräuchliche Berührung, Zerstörung von Verteidigungshaltungen und die unangemessene Regression. Meist ist der Missbrauch von Macht hierfür die Ursache. Eine mangelhafte Ausbildung und Supervision, zum Teil auch Therapie des/der Therapeut*in sind die Grundlage dafür. Die Entwicklung von höheren Standards für Ausbildung, Ethik und Supervision haben die Probleme in ihrer Häufigkeit und Intensität deutlich zurückgehen lassen. Den besten Schutz der Klienten sieht Young in der aktiven Stärkung des Empowerments dieser durch die Therapeut*innen (vgl. Young 2007, S. 617).


Berührung

In der Entwicklung der Körperpsychotherapie wurde immer deutlicher, wie groß der Mangel, beziehungsweise wie gering unser Verständnis von der Wichtigkeit von Berührung in den westlichen Gesellschaften war. In den 1970er Jahren erschienen einige Bücher zu dem Thema, die den Wert und die Wichtigkeit von Berührung aufzeigten. Dies führte allerdings auch dazu, dass für viele der Irrglaube entstand, dass fast jede Art der Berührung besser sei als keine Berührung. So wurden erst Ende der 1980er Jahre authentische Untersuchung über die Ethik von Berührung und den Gefahren von unangemessenem Kontakt und Grenzverletzungen publiziert (vgl. Young 2007, S. 619–620).

Die Gründe Berührung einzusetzen können vielfältig sein, so auch die Gründe dies genau nicht zu tun. Denn Körperpsychotherapie hat nicht zwangsläufig etwas mit Berührung zu tun. Wenn sie eingesetzt wird, sollte dies immer aus einer klaren, gut definierten und professionellen Intention heraus geschehen (vgl. Young 2007, S. 619– 620). „Dem Privileg, einen anderen Menschen berühren zu dürfen, muss mit großem Respekt begegnet werden“ (vgl. Young 2007, S. 619–620).


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Retraumatisierung

In der psychotherapeutischen Arbeit mit einem Trauma, wird oft versucht, die Isolation und Verkapselung des Traumas zu verhindern, indem sie zu einer Entladung der aufgestauten Gefühle beiträgt, welche im Anschluss in die Psyche des/der Klient*in integriert werden sollen. Wenn sich dieser Prozess zu schnell vollzieht, also schneller als die/der Klient*in dies bewältigen und integrieren kann und dies von der/dem Therapeut*in nicht erkannt wird, kann dies zu einer Retraumatisierung führen, da im autonomen Nervensystem eine zusätzliche Erregung entsteht die sich unkontrolliert hochschaukeln kann (vgl. Young 2007, S. 618).


Vor allem um die Jahrtausendwende wurde viel im Bezug darauf geforscht, sodass sich das Verständnis der Trauma Arbeit grundlegend vertieft. So ist das Verständnis, es bräuchte eine kathartische Entladung für die Befreiung vom Trauma einer wesentlich feinfühligeren Herangehensweise gewichen. Es geht darum, eine mittlere Erregung bei den Klient*innen zu erzeugen ohne den Prozess zu forcieren. Denn für die Heilung und Integration von traumatischen Erfahrungen wird der aktive Hippocampus gebraucht, der für ein gezieltes Erinnern und das Denken in Kontexten zuständig ist. Dieser wird allerdings von Stresshormonen unterdrückt, welche bei traumatischen Erinnerungen und der damit steigenden Erregung ausgeschüttet werden. Deswegen bedarf es einer behutsamen Annäherung an die traumatischen Erinnerungen um ein produktives, Gleichgewicht zwischen Integration und Erinnern zu erhalten. Ansonsten besteht das Risiko, dass die fortgesetzte Wirkung der wieder erlebten Situation den durch das ursprüngliche Trauma verursachten Schaden ständig vergrößert (vgl. Young 2007, S. 618).


Aggressive Techniken

Wilhelm Reich, eine wichtige Figur in der Entstehung der Körperpsychotherapie war der Auffassung, dass in der Ver- und Angespanntheit unserer Muskulatur sich die Unterdrückung der Emotionen zeigte. So entwickelte er Methoden und teilweise aggressive Techniken, um diese Verspannung direkt zu lösen und damit den zurückgehaltenen Aggressionen und weiteren Emotionen zu begegnen. Hierfür wird die Spannung erhöht. Darauf entladen sich die Emotionen, sodass sich auch die Muskulatur wieder entspannen kann. Wenn diese Verteidigung gelöst wurde, ist die/der Klient*in wieder verletzlich und die eigentliche Therapie kann mit der Integration beginnen, indem gelernt wird, ohne diese Abwehrmechanismen zu überleben. Dabei besteht das Risiko, dass dieser zweite, elementare und aber auch sehr zeitintensive Prozess nicht zu einem guten Ende gebracht wird, da sich zu sehr auf den ersten Teil konzentriert wird. Im Zuge dieser Arbeit wurde eine Sprache verwendet, die von der Vorstellung des Zerbrechens, Attackierens, Durchbrechens von Abwehrmechanismen geprägt war. Dies führte in den 1960er und -70er Jahren zu Übergriffen in verschiedenen therapeutischen Gruppen. Auch wenn die Zahl der Missbrauchsfälle abgenommen hat, ist die Vorstellung vom Durchbrechen der Abwehr bis heute präsent (vgl. Young 2007, S. 620–621).


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Gleichzeitig hat sich heutzutage bei einem Großteil der Körperpsychotherapeut*innen der Konsens eingestellt, die körperlichen Panzerungen als positive, zu einer bestimmten Zeit sinnvolle, Anpassungsstrategie zu verstehen. Aus dieser Perspektive heraus, können diesen körperlichen Verteidigungshaltungen sanfter und liebevoller begegnet werden (auf Klient*innen und Therapeut*innen Seite) und sie behutsamer Stück für Stück abgelegt werden (vgl. Young 2007, S. 620–621).


Unbewusste Regression

Regression meint das Zurückgehen oder -ziehen in ein früheres Entwicklungsstadium (vgl. Myers 2014, S. 558). Regressive Zustände der Klient*innen gehören zu jeder therapeutischen Arbeit dazu. In den verschiedenen Formen der Körperpsychotherapie wird das leichter zugelassen oder sogar induziert als in anderen. Die Regression wird dann zu einem gesundheitsfördernden Element der therapeutischen Arbeit, wenn hierdurch aufgedecktes unbewusstes Material durchgearbeitet wird und anschließend in den therapeutischen Prozess integriert wird (vgl. Young 2007, S. 621).


Die Gefahr dabei liegt darin, wenn sich der/die Klient*in mit den regressiven Zuständen beginnt zu identifizieren oder diese für sein wahres Selbst hält. Wenn dies durch den/die Therapeut*in nicht erkannt wird, und diese*r der/die Klient*in sogar noch ermutigt wird, diese regressiven Erfahrungen immer wieder zu wiederholen, wird die Regression immer mehr verstärkt und mit in das Alltagsleben genommen. Aufgrund der starken affektiven und sinnlich-körperlichen Aspekte der Körperpsychotherapie, kann es auch passieren, dass Zuflucht in den regressiven Zuständen gesucht wird und diese als Verteidigungsmechanismus genutzt werden, um sich schweren Lebensentscheidungen nicht stellen zu müssen. Auch kann es in diesem Kontext zu einer Wechseldynamik zwischen Klient*in und Therapeut*in kommen, in welcher durch den/die Therapeut*in eine Elterliche Rolle eingenommen wird, da dies einfacher sein könnte als den/die Klient*in wirklich in der Selbstbestimmung zu unterstützen. Young (2007, S. 621-622) gibt dazu an, dass dies ein Missbrauch der therapeutischen Macht sei und eine eklatante Verletzung des/der Klient*in. Damit werde die emotionale Abhängigkeit des/der Klient*in ausgenutzt und es besteht die Gefahr einer langanhaltenden Schädigung.


Gleichzeitig gibt es viele Formen der spontanen oder halb induzierten Regression, die sorgfältig angewandt sehr hilfreich sein können. Dafür muss die therapeutische Arbeit von einer kritischen Reflexion der Regression getragen sein und der/die Therapeut*in muss über Techniken verfügen, mit denen der/die Klient*in sich mit Unterstützung des/der Therapeut*in durch eine Regression bewegen kann, hin zu einer objektiven, positiven und stärker an der Gegenwart orientierten Entwicklung. Das heißt, der/die Klient*in muss nach Young im Anschluss in der Lage sein, diese Zustände als Regression zu reflektieren, die hilf- und lehrreich für ihn waren, um sich dann aber klar und entschieden von ihnen abzuwenden. Hierfür benötigt es die Unterstützung durch eine*n Threapeu*in, welche*r sich der verschiedenen Risiken der Regression bewusst ist (vgl. Young 2007, S. 621–622).


Die Körperpsychotherapie birgt einige Risiken in sich. Verstärkt werden diese durch unethisches Verhalten, Machtspiele, Übergriffe gegen das Empowerment der Klient*innen, mangelnde Aufmerksamkeit, vorschnelles Vorgehen sowie Therapieformen, die zu stark ein bestimmtes Ziel vor Augen haben beziehungsweise die Integration vernachlässigen. Dem muss aus der Sicht von Young ein besseres theoretisches Wissen, bessere Supervision, stärkeres Bewusstsein für die ethische Implikation und eine tiefgreifende Veränderung in der Gesamtkultur des Berufsstandes entgegengesetzt werden (vgl. Young 2007, S. 623–624).


Fazit

Der Artikel bietet eine umfassende Einführung in die Körperpsychotherapie und beleuchtet sowohl ihre Definition als auch die historischen Entwicklungen, die zu ihrer Entstehung beigetragen haben. Körperpsychotherapie integriert körperliche und psychische Dimensionen des Erlebens und betont die Bedeutung körperlicher Erfahrungen für das menschliche Selbst. Der ganzheitliche Ansatz dieser Therapieform ermöglicht eine tiefere Verarbeitung von Traumata und fördert die Selbstwahrnehmung und emotionale Regulierung, sofern die Risiken nicht aus den Augen verloren werden und diesen verantwortungsvoll begegnet wird.


Zudem wurde der Frage nachgegangen, inwiefern Breathwork in das Feld der Körperpsychotherapie einzuordnen ist. Breathwork als körperpsychotherapeutische Methode Breathwork, oder Atemarbeit, stellt eine spezifische Methode innerhalb der Körperpsychotherapie dar, die durch bewusste Atemtechniken emotionale und korperliche Heilungsprozesse anregt. Obwohl, wie in unseren Breathwork-Workshops in Berlin und Leipzig, Breathwork oft kein explizit therapeutisches Angebot darstellt, kann es in einem therapeutischen Kontext als körperpsychotherapeutische Methode genutzt werden. Diese Einordnung erfolgt unter der Voraussetzung, dass Breathwork zur Behandlung einer Diagnose angewendet wird und von einem offiziell anerkannten Therapeuten (mit Approbation oder Heilpraktiker-Titel) durchgeführt wird.


Quellen

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Geuter, U. (2007): Geschichte der Körperpsychotherapie. In: Marlock Gustl, Weiss Halko (Hg.) (2007). Handbuch der Körperpsychotherapie. Mit 3 Tabellen. 1. Aufl. Stuttgart: Schattauer. S. 17–32.


Heller, L., & LaPierre, A. (2012). Healing developmental trauma: How early trauma affects self-regulation, self-image, and the capacity for relationship. Berkeley: North Atlantic Books.


Johnson, Don H. (2007): Der Vorrang des erfahrungsorientierten Vorgehens in der Körperpsychotherapie. In: Marlock Gustl, Weiss Halko (Hg.) (2007). Handbuch der Körperpsychotherapie. Mit 3 Tabellen. 1. Aufl. Stuttgart: Schattauer. S. 91–99.


Levine, P. A. (2017). Sprache ohne Worte. Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die innere Balance zurückführt. 8. Aufl. München: Kösel.


Marlock, G.; Weiss, H. (2007): Einführung: Das Spektrum der Körperpsychotherapie. In: Marlock Gustl, Weiss Halko (Hg.) (2007). Handbuch der Körperpsychotherapie. Mit 3 Tabellen. 1. Aufl. Stuttgart: Schattauer. S. 1–14.


Young, C. (2007): Körperpsychotherapie und ihre Risiken. In: Marlock Gustl, Weiss Halko (Hg.) (2007). Handbuch der Körperpsychotherapie. Mit 3 Tabellen. 1. Aufl. Stuttgart: Schattauer. S. 617–624.


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